Du schreibst, also kommunizierst du! Mit jedem geschriebenen Wort verbindest du dich jedoch nicht nur mit deinen LeserInnen, sondern du prägst dir Glaubensätze über dein Schreiben, dein Leben und dich ein.
Für mich bedeutet diese Tatsache, dass Schreiben nicht nur mit einer Verantwortung für die Welt einhergeht – über welche Themen schreibe ich was und wie formuliere ich etwas –, sondern auch mit einer Verantwortung mir selbst als Schreibender gegenüber.
Kurz gesagt: Heute „schreibe“ ich mit dir Klartext darüber, warum du selbst für deine beschissensten Texte die Verantwortung übernehmen musst.
Inhalt
Das Vorspiel: Der Pfad zur Erkenntnis
Die Erkenntnis, dass ich selbst für mein Schreiben Verantwortung trage, kam nicht als sanfte Eingebung über Nacht, es war eher auf die richtig harte Tour, mit einer unsanften Landung.
Die Geschichte beginnt am Ende meines Studiums. Mein Diplomstudium war gerade am Auslaufen, weil es einen Studienplanwechsel wegen des Bologna-Prozesses (Bachelor, Master) gab.
Im Grunde fehlten mir noch zwei Lehrveranstaltungen und meine Diplomarbeit. Die Lehrveranstaltungen abzusitzen, war noch nie meine Stärke, aber auch keine allzu große Schwierigkeit, gerade mit meinem Ziel vor Augen: mein Studienabschluss!
Eine Nemesis namens Diplomarbeit oder das Worst-Case-Szenario eines Schreib-Coaches
Aber da war doch noch meine Diplomarbeit – ich saß in einer der beiden fehlenden Lehrveranstaltungen und der Vortragende sprach über ein laufendes Forschungsprojekt zum Thema Spracherwerb, zu dem man während des Semesters beitragen konnte. Mein Interesse war sofort geweckt und ich ging nach der Lehrveranstaltung zu ihm und wir sprachen darüber, ob ich meine Diplomarbeit im Rahmen dieses Projektes machen könnte. Und BÄM! steckte ich mitten in diesem Projekt. „Wow, wie super ist das denn?“, dachte ich zuerst.
Die harte Realität des Schreibens
Das war die schlimmste Entscheidung, die ich treffen konnte, warum? Weil ich die Verantwortung für meine Diplomarbeit abgegeben habe, und in ein bestehendes Projekt eingestiegen bin, bei dem schon zwei StudentInnen vor mir ihre Arbeiten abgeschlossen hatten.
Während des Schreibens an meiner Arbeit kamen große Zweifel in mir hoch, ich erkannte mich gar nicht mehr wieder, denn eigentlich hatte ich schon als Jugendliche Gedichte und Kurzgeschichten geschrieben, doch das Schreiben an dieser Arbeit wurde zu einer Tortur.
Das hatte für mich schwerwiegende Folgen, denn einerseits verabscheute ich jedes Wort so sehr, dass ich gar nicht mehr schreiben wollte und andererseits zweifelte ich durch diese Situation an mir und meinen Qualifikationen. Am liebsten hätte ich mich versteckt.
Natürlich ging dann während des Schreibens so ziemlich alles schief, was schiefgehen konnte.
Meine Schreib-Odyssee auf einem Blick
- Ich habe erst nach dem Projekteinstieg bemerkt, mit welchen theoretischen Frameworks gearbeitet wird, und diese haben teilweise überhaupt nicht meiner theoretischen Sichtweise entsprochen.
- Bei den Privatissima mit mehreren DozentInnen wurde ich von denen zerfleischt, die ein anderes Framework in ihren Forschungen verwendeten. Dadurch war ich dermaßen eingeschüchtert, dass ich es nicht wagte, etwas dagegen zu sagen. Natürlich wurde meine Lust darauf, die Arbeit zu schreiben, immer weniger.
- Ich habe nicht gesagt, dass sich das für mich falsch anfühlt, weil ich den Druck von außen gespürt habe, den Abschluss schaffen zu müssen.
- Ich habe nicht das Feedback eingefordert, das mich weitergebracht hätte.
Irgendwann reichte es mir! Meine Selbstzweifel und die Scham wuchsen mir über den Kopf. Ich habe mich zurückgezogen.
Das Skurrilste daran: Die fertige Rohfassung meine Diplomarbeit ist noch immer bei mir abgespeichert. Eigentlich hätte ich sie nur überarbeiten und abgeben müssen.
Meine Konsequenzen aus dieser Geschichte
Für mich war in diesem Moment voller Scham, Ängsten, Unsicherheiten und Selbstzweifeln eines klar: Das geht für MICH so nicht, das passiert mir NIE wieder!
Es hat länger gedauert, bis ich mir das so richtig eingestehen konnte. Nach einer Phase der Selbstreflexion habe ich für mich erkannt, was die Ursache für dieses Desaster war: Ich habe keine Verantwortung für mein Schreiben und meinen Text übernommen.
Verantwortung für das eigene Schreiben zu übernehmen, bedeutet Selbstwirksamkeit
Sobald du deine Texte nach außen bringst, gibt es da noch eine andere Instanz, es gibt die Außenwelt, die auf deine Texte reagieren kann.
Doch noch vor diesen Außen geht es um dich und deine Verantwortung für dein Schreiben.
Die folgenden Punkte handle ich vor jedem Schreibprojekt mit mir selbst aus. Gibt es dabei äußere Umstände, die eine Übernahme der Verantwortung für mich nicht möglich machen, sage ich in 99 Prozent der Fälle Nein zu dem Projekt.
Formen der Verantwortung für dein Schreiben
- Themenwahl: Du wählst die Themen und die Quellen, über die du schreiben möchtest, daher stehst du für deine Themen und deine Thesen ein, kannst dafür argumentieren, auch wenn sie kritisiert oder hinterfragt werden.
- Prozessdesign: Du gestaltest deinen Prozess, wie du ihn für dein Schreiben brauchst, so, dass du realistisch gut arbeiten kannst und eine gute Qualität schaffst.
- Persönliche Grenzen: Du sagst, wessen Feedback du auf welche Art und Weise brauchst. Das Feedback ist nicht der Mülleimer deiner LeserInnen. Gutes Feedback zu geben, ist eine komplexe Aufgabe, die dadurch erleichtert wird, wenn du sagst, was du gerade brauchst und wissen möchtest.
- Eigene Erwartungen: Du hast zu spät mit der Arbeit an deinem Text angefangen? Der Text ist grottenschlecht? Rate, wer dafür verantwortlich ist, *tadaaa* du!
Fazit
Ja, Verantwortung zu übernehmen, ist ätzend, nervig und so damn erwachsen, aber wenn du gute Texte schreiben und dabei deine Lust am Schreiben behalten willst, dann übernimm die Verantwortung dafür. Verantwortung zu übernehmen, kann auch bedeuten, NEIN zu sagen.
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