Was ist ein Shitty First Draft?

Shitty First Draft

Gerade dann, wenn ich mich bequem hinsetze, um mit einem neuen Text zu beginnen, spüre ich es: Dieses kleine Besserwisserfaultier, das mir überzeugend darlegt, dass jetzt ein schlechter Zeitpunkt sei, um mit dem Schreiben zu beginnen: Ich sei zu müde, unkonzentriert, nicht gut genug vorbereitet und überhaupt seien meine Texte in letzter Zeit … na ja … nur ganz okay. Ja, wir wissen es doch alle: Dieses Streben nach Perfektion ist eine Plage. Die Folge davon? Zu spät begonnene Texte, die nicht rechtzeitig fertig werden, oder gar nicht geschriebene Texte. Das beste Hilfsmittel dagegen: Shitty First Drafts – und diese möchte ich dir heute vorstellen.

Was ist ein Shitty First Draft?

Der Begriff „shitty first draft“ wurde von Anne Lamott in ihrem wunderbaren Buch „Bird by bird“ beschrieben, ein Buch für Schreibende, die tatsächlich ins Schreiben kommen wollen.

Unter Shitty First Draft versteht sie die erste Version deines Textes, die du, ohne viel darüber nachzudenken, einfach schreibst. Oh, da wird es schon spürbar – dieser Zugang bedeutet viel Energie, rohe Textkraft, aber auch viele messy Stellen, und so muss es sein!

Diese Messiness kann schon triggern, oder? Vielleicht siehst du es vor dir, wenn du über das Schreiben nachdenkst? Dieses allwissende Schreibgenie, das schnell tippend gleich bei der ersten ordentlichen Version sein publikationsbereites Buch in Händen hält – das gibt es in Realität kaum bis gar nicht.

Gerade im deutschsprachigen Raum werden wir von diesem trügerischen Geniebild erdrückt, weil es einerseits das Schreiben als Prozess vollkommen ignoriert, also weder spürbar noch erfahrbar macht, und andererseits einen solchen Druck auf den Schreibenden aufbaut, sodass Schreibblockaden Tür und Tor geöffnet werden.

Der Shitty First Draft (auch Zero Draft oder Test draft genannt) ist nur für deine Augen gedacht, er ist dein Ausgangspunkt, ein erstes Entdecken und Erforschen, in welche Richtung dein Text geht.


The first draft of anything is shit.”

Ernest Hemingway

Für diese erste Version braucht es Mut und die mit der Erfahrung wachsende Überzeugung, dass du aus diesem Rohdiamanten einen glanzvollen Text zaubern erschaffen wirst. Nein, kein Zaubern, denn es geht darum, die Finger in Bewegung zu bringen, genau an dem Punkt, wo es knirscht, weil du denkst, dass du noch nicht bereit wärst. Der Shitty First Draft ist das Rohmaterial, mit dem die richtige Schreibarbeit beginnen kann.

Wie schreibe ich einen Shitty First Draft?

Wenn du mit einem neuen Text, zum Beispiel einem Newsletter, beginnst, dann kannst du folgendermaßen vorgehen:

Shitty First Draft – but wait …

Diese erste Version deines Textes ist dein Ausgangspunkt für das weitere Überarbeiten und Schreiben. Am besten ist es, wenn du nach dem Schreiben des Shitty First Drafts Zeit vergehen lässt (mindestens ein paar Stunden, noch besser wäre ein Tag, bei längeren Texten auch mehrere Tage), denn so kannst du eine innere Distanz zu deinem Text herstellen und entspannter in die Überarbeitung gehen. Nach der Pause nimmst du dir deinen Text, markierst dir die Stellen, die du unbedingt behalten möchtest, streichst, was nicht so wichtig ist, und gehst in den zweiten Entwurf.

Die weitere Vorgansweise hängt davon ab, zu welchem Überarbeitungstyp du gehörst. Vielleicht schreibst du eine vollkommen neue Version deines Textes mit den Stellen, die dir gefallen, oder du nimmst das Textfundament des Shitty First Drafts und ergänzt bzw. erweiterst es.

Wenn du an die Überarbeitung deines Newsletters gehst, kannst du nach dem ersten Durchlesen deines Shitty First Drafts noch einmal überprüfen, was du deinen LeserInnen mitteilen möchtest, welche Inhalte aus deinem Text für sie relevant sind und was du vielleicht noch ergänzen möchtest.

One more thing

Columbo
  1. Erinnere dich immer daran: Nur du siehst diesen ersten Shitty First Draft!
  2. Der Shitty First Draft steht am Anfang deines Schreibprojekts, nicht am Ende! Er wird in den weiteren Phasen des Schreibprozesses überarbeitet, so wird aus deinem Shitty First Draft ein umwerfender fertiger Text.

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„The first draft is just you telling yourself the story.”

Terry Pratchett

4 Kommentare

  1. Das hört sich richtig cool an. Bei mir ist es so, wenn ich schreibe, dann kann ich meine Schrift kaum erkennen. Ich weiss, dass besser von Hand geschrieben werden soll. Weil die Kreativität oder ähnlich besser im Flow ist. Auf jeden Fall steckt der Perfektionismus im Detail. Diesen Glaubenssatz habe ich schon ad acta gelegt 😀. Danke für diesen Beitrag.
    Liebe Grüsse Sabkne

    1. Ja, die Sache mit der eigenen Schrift ist immer ein Thema, aber mir hilft es dann, wenn ich nach einer kürzeren Pause eine Übertragung auf den Computer mache. Wenn ich zu lange Zeit zwischen handschriftlichen Shitty First Draft und dem Übertragen/Überarbeiten vergehen lasse, kann ich manche Wörter auch nicht mehr lesen. 😳

  2. Nachgang zu meinem Kommentar von eben …
    Damit geht es schon los, wenn es um das Thema schreiben geht. Tippfehler auf dem Handy.
    Gleich meinen Namen falsch getippt auf dem Handy🤣
    Also noch mal …
    Luebe Grüsse Sabine Hahne
    Numerologe

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