Was ist „Show, don’t tell“?

Show, don't tell

Vor vielen Jahren saß ich in meinem ersten Creative-Writing-Seminar, mein Herz und mein Kopf platzten fast vor Freude, meine Zettel füllten sich mit Texten, von denen ich nicht wusste, dass sie überhaupt möglich waren. Und dann kam es wie ein Schlag ins Gesicht: „Show, don’t tell!“ Auf den ersten Blick ein fast schon banal einfach wirkendes Prinzip, doch gerade bei dieser Phrase lernst du als Schreibende aus erster Hand, was der Unterschied zwischen dem Erzählen und dem Zeigen ist.

Jahrelang hat es mich begleitet, auch meine Seminar- und CoachingteilnehmerInnen: Was steckt alles dahinter und wie setze ich es in meinen eigenen Texten ein, ohne die Essenz meines Textes zu verlieren?

Heute zeige ich dir, was sich hinter „Show, don’t tell“ verbirgt und warum es essenziell für das Storytelling in deinen Texten ist.

Was bedeutet „Show, don’t tell“?

Egal, ob du Business-Texte oder Literatur schreibst, du hast ein Ziel: Du möchtest in deinen LeserInnen eine Reaktion auslösen, sie sollen mit deinem Text interagieren.

Bei Texten, in denen du zeigst (show), was passiert, erzeugst du in den LeserInnen das mentale Bild dieser Handlung, sie werden in deinen Text hineingezogen, emotional involviert, du schaffst also eine Verbindung zwischen dem Text, dem Absatz, der Phrase etc. und den LeserInnen.

Sie entdecken und interpretieren spannende Details, setzen die Teile zu einem großen Bild zusammen und sind somit geistig und emotional mittendrin.

Bei Texten, in denen du deinen LeserInnen bloß erzählst (tell), was passiert, nimmst du ihnen die Chance aktiv an der Bedeutungsgestaltung teilzuhaben, sie bleiben passiv und bekommen deine Wertung vorgesetzt, ohne ihre eigene Erfahrung und Persönlichkeit einbringen zu können.

Dadurch entsteht eine Abgrenzung und Distanz zwischendeinem Text und den LeserInnen.

Beispiel 1: (Literatur)

Tell: Magda war neugierig und ohne Skrupel. Für gutes Drama machte sie alles.

Show: Die Türen wurden leise geschlossen und sie hörte ein Murmeln. Magda spürte sofort, dass hier etwas nicht stimmte. Sie schlich auf den Zehenspitzen zum Türspion, blinzelte hindurch, und musste ihr lustvolles Atmen fast unterdrücken. Da war sie, Frau Neuwald, ihre Nachbarin, mit einem viel jüngeren Mann an ihrer Seite. Sie fiepste fast vor lauter Freude, als die beiden schäkernd die Wohnung der Neuwalds betraten. Als das Stiegenhaus leise war, lief sie auf leisen Sohlen zu ihrem Telefon und wählte flink eine Nummer: „Ja, Herr Neuwald? Hier spricht Magda, entschuldigen Sie die Störung, aber Ihrer Frau geht es gar nicht gut, können Sie bitte sofort nach Hause kommen?“ Mit einem zufriedenen Lächeln legte sie auf.

Beispiel 2: (Verkaufstext)

Tell: Dieses Coaching hilft dir dabei, wieder mehr Freude am Leben zu spüren.

Show: Der unbändige Wind zerwuschelt dein Haar, deine nackten Füße spüren den feinkörnigen Sand und du summst lächelnd dein Lieblingslied. Lass uns gemeinsam, dieses Lächeln wiederentdecken!

Praktische Tipps für „Show, don’t tell“

Die Umsetzung ist oftmals schwieriger als das Verstehen des Konzeptes, daher habe ich hier ein paar Tipps für dich:

Die Dosis macht das Gift

„Show, dont‘ tell“ ist kein Allheilmittel, in das du deinen Text tränken sollst. Es dient dazu, mehr Leben und Neugier für deine LeserInnen zu integrieren. Es ist gerade dort wichtig, wo deine LeserInnen ganz aufmerksam sein sollen, ganz nah bei dir und deinem Text.

Gerade die Balance ist dabei oft das Schwierige, daher empfehle ich dir das Folgende:

So trainierst du dein Analysefähigkeit (auch für dein persönliches Lesen), aber auch das Schreiben von solchen Szenen. Viel Spaß dabei! 🙂

Wie wichtig ist für dich der Rat „Show, don’t tell“ in deinen Texten? Kommentiere gerne, ich freue mich, wenn du deine Meinung mit mir teilst! 🙂

2 Kommentare

  1. Wow. Tolle Anregung.
    Ich werde meinen neuesten Text mal daraufhin anschauen. Ich glaube ein bisschen mache ich das schon. In mein Trainings mache ich es auf jeden Fall. Aber für Texte war es mir nicht bewusst. Danke dafür.

    1. Liebe Gaby,

      wunderbar, wenn du es bei deinen Trainings einsetzt, das schafft gleich eine andere Verständnis- und Zugangsebene! Beim Schreiben wird dadurch auch ein anderer Zugang zur Welt erschaffen. 🙂

      Vielen Dank für deinen Kommentar! 🙂
      Liebe Grüße
      Daniela

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